Bodennister - Sandbienen & Co.

Bild: Rotbürstige, bzw. Rotfransige Sandbiene, Andrena haemorrhoa, Erdloch, Nistausgang
13.05.2016 : Rotbürstige, bzw. Rotfransige Sandbiene, wie sie blitzschnell in ihr Nistloch abtaucht, drinnen den Pollen abstreift und vielleicht ein Ei ablegt, um dann wieder nach einem kurzen Orientierungsflug auf weitere Nahrungssuche zu gehen

 

Wir haben in Deutschland ca. 585 Wildbienenarten. Dreiviertel von diesen nisten im Erdreich. Diese alle haben also rein gar nichts davon, wenn man sogenannte "Insektenhotels" (besser Insektennisthilfen) aufstellt. Letzere haben natürlich ihre Bewandnis, aber gerade käufliche Nisthilfen sind oft falsch aufgebaut, benutzen schlechte Materialien oder dienen aufgrund mangelnder Varianz an den diversen (also auch kleineren) Lochgrößen nur den Wildbienen, die praktisch gar keiner wirklichen Unterstützung bedürfen (inbesondere die beiden "dicken" Mauerbienen - die Gehörnte und die Rostrote - sind weit verbreitet und recht häufig).

 

Daher ist die beste Wildbienenhilfe ein möglichst naturnaher Garten, mit vielen pollen- und nektarspendenden Blüten und geeigneten Nistplätzen. Letztere variieren von wahrlich offenem Boden über schütter bewachsenen Rasenflächen bis hin zu Fugen zwischen Pflastersteinen und senkrechten Lehmfugen in Steinmauern. Diese Nistausgänge erkennt man meist an kleinen maulwurfsartigen Hügeln oder bei kleineren Exemplaren an Löchern in der Erde, die spätestens ab Mai im Garten erscheinen. Von den größeren Sandbienen sieht das dann so aus :

 



 

Nachfolgend ein paar Bewohner, die im Erdreich nisten, darunter insbesondere Sandbienen, Furchenbienen, aber auch viele mehr :

Rotbürstige / Rotfransige Sandbiene, Andrena haemorrhoa
Rotbürstige / Rotfransige Sandbiene, Andrena haemorrhoa
Gewöhnliche Bindensandbiene, Andrena flavipes
Gewöhnliche Bindensandbiene, Andrena flavipes
Graue Sandbiene, Andrena cineraria
Graue Sandbiene, Andrena cineraria

Fuchsrote Sandbiene, Andrena fulva
Fuchsrote Sandbiene, Andrena fulva
Glänzende Düstersandbiene, Andrena nitida
Glänzende Düstersandbiene, Andrena nitida
Gelbbindige Furchenbiene, Halictus scabiosae
Gelbbindige Furchenbiene, Halictus scabiosae

kleine Furchenbienen-/Schmalbienenart
kleine Furchenbienen-/Schmalbienenart
Graue Sandbiene, Andrena cineraria, schaut aus ihrem Nisthügel
Graue Sandbiene, Andrena cineraria, schaut aus ihrem Nisthügel
Rotbürstige Sandbiene, Andrena haemorrhoa, schaut aus ihrem Nisthügel
Rotbürstige Sandbiene, Andrena haemorrhoa, schaut aus ihrem Nisthügel

Wald-Schenkelbiene, Macropis fulvipes
Wald-Schenkelbiene, Macropis fulvipes
Blutbiene, Sphecodes spec.
Blutbiene, Sphecodes spec.
Wespenbiene, Nomada spec.
Wespenbiene, Nomada spec.

Glockenblumen-Sägehornbiene, Melitta haemorrhoidalis
Glockenblumen-Sägehornbiene, Melitta haemorrhoidalis
Glockenblumen-Sägehornbiene, Melitta haemorrhoidalis
Glockenblumen-Sägehornbiene, Melitta haemorrhoidalis
vermutlich Buckel-Seidenbiene, Colletes cf. daviesanus
vermutlich Buckel-Seidenbiene, Colletes cf. daviesanus

 

Eine (für mich) besondere interessante Wildbiene stellt die Hosenbiene dar. Ihren Namen bekam sie von ihren extremen Beinbehaarung. Sie ist leider nicht in unserem Garten vertreten, aber dennoch in der Nähe vorkommend. Die nachfolgenden Fotos stammen alle aus unserem Urlaub auf Rügen, wo die Weibchen mit ihren Beinbürsten den Aushub ihres Nistgangs unaufhaltsam möglichst weit von dem Eingang fort schaufeln :

Bild: Braunbürstige Hosenbiene, Dasypoda hirtipes, RÜGEN (ausnahmsweise nicht aus dem Garten)
Braunbürstige Hosenbiene, Dasypoda hirtipes, RÜGEN (ausnahmsweise nicht aus dem Garten)
Bild: Braunbürstige Hosenbiene, Dasypoda hirtipes, RÜGEN (ausnahmsweise nicht aus dem Garten)
Braunbürstige Hosenbiene, Dasypoda hirtipes, RÜGEN (ausnahmsweise nicht aus dem Garten)
Bild: Braunbürstige Hosenbiene, Dasypoda hirtipes, RÜGEN (ausnahmsweise nicht aus dem Garten)
Braunbürstige Hosenbiene, Dasypoda hirtipes, RÜGEN (ausnahmsweise nicht aus dem Garten)

 

Die besten Nistplätze - sandig bis lehmig, sonnig und vielleicht sogar regengeschützt - nutzen den Insekten nichts, wenn in der näheren Umgebung keine passenden Pflanzen wachsen, angefangen von Kräutern, Stauden über Sträucher bis hin zu Bäumen. Bei allen ist möglichst auf Wildformen zu achten oder wenigstens auf Sorten mit einfachen Blüten, da gefüllte welche weder Pollen noch Nektar spenden, die für diese Insektengruppe so überlebenswichtig ist. Viele Sandbienen nutzen Korbblütler, alle möglichen Beerensträucher und natürlich Obstbäume, die ja auch zum Großteil im zweiten Quartal blühen, wenn die meisten Sandbienen unterwegs sind. Hier sammeln diese Pollen und Nektar, die sie in ihre selbstgegrabenen Nistgänge eintragen, um dort später in jeder einzelnen Nistzelle ein Ei daraufzulegen.

 

Natürlich gibt es auch bei Sandbienen wieder sehr spezialisierte Arten, die nur an einer Pflanzengruppe den Futterproviant für ihren Nachwuchs sammeln, so z.B. die Weiden-Sandbiene, die - man ahnt es kaum - Weidenblüten zum Erhalt ihrer Art benötigt. Fällt eine solche Pollen- und Nektarquelle in der Umgebung aus, dann sieht es für die kommende Generation schlecht aus. Das gilt natürlich für alle oligolektischen, also auf bestimmte Blüten spezialisierten Wildbienen. Deren Flugradius zwischen Nistplatz und Nahrungsquelle ist meist auch nur wenige hundert Meter groß, daher sollten Nistplatz und Nahrungsquelle so nah beieinander sein wie möglich.

 

Dann wiederum gibt es Wildbienen, die selbst keinen Pollen und Nektar für ihren Nachwuchs sammeln, sogenannte Kuckucksbienen, die ihr Ei in fremde Nester schmuggeln ähnlich wie beim namensgebenden Vogel. Das sind z.B. Wespenbienen oder Blutbienen, die andere Erdnister für ihren eigenen Arterhalt ausnutzen. Die eigene Larve tötet das Wirtsei / die Wirtslarve und frisst das gesammelte Pollen-Nektar-Gemisch. Diese Kuckucksbienen besuchen Blüten nur, um ihren eigenen Hunger zu stillen, also um Nektar als Flugbenzin zu tanken.

 

Neben diesen Wildbienen nisten selbstverständlich auch diverse andere Insekten im Erdreich, z.B. Grabwespen. Diese bieten ihren Kindern keine vegetarische, sondern tierische Kost an. Die meisten Arten sind sehr spezialisiert und fangen für ihren Nachwuchs z.B. nur Fliegen, Raupen, Spinnen, usw., die jeweils gelähmt in die Nistkammer unter der Erde gebracht werden. Wenn diese voll ist, dann legt die Grabwespe ein Ei darauf und die schlüpfende Larve ernährt sich dann von dem leckeren Vorrat, den ihre Mutter für sie gesammelt hat. Die erwachsenen Tiere wiederum ernähren sich wieder nur von Nektar. Der bekannteste Vertreter dieser faszinierenden Insekten ist wohl der Bienenwolf. Seinen Namen bekam er, da deren Weibchen Honigbienen von Blüten abfangen, die dann dem Nachwuchs ernähren. Der Verlust einzelner Honigbienen macht bei einem normalen Volk mit einer meistens fünfstelliger Individuengröße praktisch nichts aus. Nachfolgend ein paar Fotos von dieser hübschen Grabwespenart, hier auf der Edeldistel, Mannstreu, ein wahrer Insektenmagnet :


Bild: Bienenwolf, Weibchen, Philanthus triangulum, Fuge, Pflaster, Nistloch, Nesteingang
07.07.2021 : ein Bienenwolfweibchen hat sich eine Fuge zwischen den Pflastersteinen zum Nisten ausgesucht
Bild: Fuge, Pflaster, Nistloch, Nesteingang, Sandarium
07.07.2021 : ... demonstrativ VOR dem Sandarium !!

 

Ich gebe zu, oft sieht man nur diese kleinen Erdhügel im Rasen oder eben je nach Bewohner unterschiedlich große Löcher in der Erde, bekommt aber deren Verursacher oft nicht zu Gesicht. Um so wichtiger ist zu wissen, dass es sich dabei meist um Nistausgänge dieser höchst interessanten Insekten handelt, über deren Anwesenheit man sich einfach nur freuen oder die man wenigstens tolerieren sollte. Bei geeigneter Umgebung kann sich auch eine kleine Population aufbauen. Da aber die Flugzeit dieser Tiere auch nur auf wenige Wochen beschränkt ist, ist der Zauber (oder der Spuk) auch sehr schnell wieder vorbei.

 

Ein wenig mehr Natur im eigenen Garten zuzulassen, kann der Artenvielfalt einen immensen Nutzen bringen. Das Insektensterben ist seit Jahren mit einer großen Geschwindkeit unterwegs. Auch wenn davon die intensive Landwirtschaft sicherlich einen sehr großen Anteil inne hält, oder auch gerade deswegen, bieten Gärten eine so immens große Chance für die Natur ! Nach dem Motto "Jeder m² zählt !" kann jeder Gartenbesitzer etwas für den Erhalt der Artenvielfalt tun. Selbst auf dem Balkon kann man mit passenden Pflanzen vielen Insekten unter die Flügel greifen. Daher bitte etwas mehr Natur tolerieren und möglichst auch einen Teil des Gartens (wild)bienenfreundlich gestalten. Danke.

 

Eine Doppelseite über Sandbienen & Co. in der Mai-Ausgabe von kraut&rüben - unbezahlte Werbung !
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